Freilandanlage für mediterrane Landschildkröten

Ziel einer Freilandanlage für mediterrane Landschildkröten muss es sein, ihren natürlichen Lebensraum in den Mittelmeergebieten als möglichst naturnahe Landschaft nachzubilden. Die Nachbildung der Natur allein genügt in unseren Breitengraden jedoch nicht, denn unser mitteleuropäisches Klima ist für die wärmebedürftigen Landschildkröten meistens zu kalt, zu niederschlagsreich und weist eine zu geringe Sonnenscheindauer auf. Wir müssen deshalb auf technische Hilfsmittel zurückgreifen, um trockene Bereiche mit erhöhten Temperaturen zu schaffen. Ein Frühbeetkasten mit Wärmelampe ist die einfachste Möglichkeit, dies zu erreichen. Der Treibhauseffekt erhöht bei geringer Sonnenbestrahlung sofort die Temperaturen im Frühbeetkasten, die Wärmelampe überbrückt Schlechtwetterperioden.

Eine Innen- bzw. Terrarienhaltung ist für die artgerechte Haltung von Griechischen Landschildkröten, Breitrandschildkröten und die in Europa vorkommenden Unterarten der Maurischen Landschildkröten nicht geeignet. Saisonale Temperaturschwankungen, ab- oder zunehmende Sonnenscheindauer sowie die nächtliche Abkühlung sind für diese Schildkrötenarten wichtige klimatische Bedingungen, die nur durch eine konsequente Aussenhaltung ermöglicht werden können. Ausserdem vermag eine Innenhaltung dem grossen Bewegungsdrang dieser Landschildkröten kaum gerecht zu werden. Balkone eignen sich zur Schildkrötenhaltung nur, wenn diese windgeschützt und gut besonnt sind und für die Realisierung eines grösseren Geheges genügend Platz bieten.

Mediterrane Landschildkröten müssen zur artgerechten Haltung während ihrer Aktivitätsphase dauernd, das bedeutet Tag und Nacht, draussen gehalten werden.

Planung

Der Planung des Freilandgeheges muss grosse Aufmerksamkeit geschenkt werden, denn viele Fehler lassen sich im Nachhinein nur mit grösserem finanziellem oder arbeitsmässigem Aufwand beheben. Eigene Ideen sollen durch die Erfahrungen kompetenter Schildkrötenhalter ergänzt werden. Besichtigungen bestehender Anlagen sind deshalb Bestandteil der Planung. Die Realisierung eines neuen Geheges sollte idealerweise vor Ende der Überwinterung der Schildkröten abgeschlossen sein, so dass die Tiere nach dem Frühlingserwachen direkt ins neue Gehege einziehen können und damit ein Umzug während der Aktivitätsphase wegfällt. Vor der Realisierung zu berücksichtigen sind insbesondere auch örtliche Bestimmungen über möglicherweise notwendige Baubewilligungen. Elektrische Installationen sollten durch einen Fachmann vorgenommen werden.

Aspekte der Planung:

  • Zeitliche Planung
  • Lage und Grösse des Geheges
  • Einzäunung
  • Frühbeetkaste bzw. Gewächshaus
  • Bodengrund
  • Gehegegestaltung und Bepflanung

Lage und Grösse des Geheges

Die Grösse der Anlage richtet sich nach der Anzahl der gehaltenen Tiere. Die Grundfläche kann eigentlich nie zu gross sein. Eine Unterteilung des Geheges oder ein Reservegehege sowie allfällige Aufzuchtgehege sind von Anfang an in die Planung mit einzubeziehen. Die Schildkrötenanlage muss den ganzen Tag besonnt sein. Für die Aufwärmphase der Tiere ist die Morgensonne wichtig. Ebenso muss auf eine möglichst windgeschützte Lage des Geheges geachtet werden.

Einzäunung

Die Schildkrötenanlage ist ausbruchsicher zu begrenzen. Die Höhe der Konstruktion sollte mindestens 40 cm betragen. Gehegeecken sind für Ausbruchversuche besonders gefährdet. Deshalb werden diese oft mit Dreieckbrettern, Stein- oder Betonplatten abgedeckt. Die Begrenzung soll etwa 10 cm eingegraben werden, damit die Tiere nicht durch Untergraben der Einzäunung entweichen können. Als Abgrenzung können verwendet werden: Einbetonierte Beton- oder Granitplatten, Schalungstafeln, Winkelelemente aus Beton, Eichenschwellen, Holzbalken, Holzpalisaden oder Kunststoffelemente. Ungeeignet sind Maschenzäune oder durchsichtige Absperrungen, die als unüberwindbare Barrieren von den Schildkröten nicht erkannt werden und somit immer wieder zur Überwindung bzw. Durchdringung einladen. Für das menschliche Auge besonders schön wirken anstelle von Zäunen Geländestufen. Unbedingt zu beachten ist, dass die doch eher wenig agil wirkenden Landschildkröten einerseits eine erstaunliche Kletterfähigkeit besitzen und anderseits eine grosse Beharrlichkeit im Überwinden von Barrieren aufbringen.

Frühbeetkasten oder Gewächshaus

Ein Frühbeetkasten oder Gewächshaus im Schildkrötengehege ermöglicht den Wärme liebenden Landschildkröten aus dem Mittelmeerraum unser nasskaltes mitteleuropäisches Klima im Frühjahr und Herbst sowie anhaltende Schlechtwetterperioden im Sommer gut zu überstehen. Sobald sich ein paar Sonnenstrahlen zeigen, erwärmen sich Frühbeetkasten oder Gewächshaus sehr schnell und die Schildkröten können ihre Körpertemperatur auf optimale Werte steigern.

Bei kalter Witterung ohne Sonneneinstrahlung kann jedoch nur durch eine Wärmelampe die für die Schildkröten notwendige Umgebungstemperatur erreicht werden. Bewährt haben sich Wärmestrahler mit Thermostat, die sich bei Bedarf selber einschalten. Die Lichtqualität der Wärmelampe ist dabei nicht entscheidend, da die Schildkröten, die ja während der ganzen Aktivitätszeit draussen gehalten werden, genügend natürliches Sonnenlicht erhalten. In der Planungsphase sollte ein elektrischer Anschluss im Frühbeetkasten bzw. Gewächshaus vorgesehen werden.

Wichtig ist die Installation eines einfachen, öldruckbetriebenen Lüfters, der durch Anheben eines Fensters eine Überhitzung des Frühbeetkastens verhindert.

Ein Frühbeetkasten wird vorzugsweise auf ein Fundament aus Beton, Holz oder Ähnliches verschraubt. Eine Aussparung dient als Eingang.

Der Frühbeetkasten oder das Gewächshaus, welches die Schildkröten abends als Schlafstelle meist selbständig aufsuchen, bieten einen weiteren grossen Vorteil. Die Schildkröten können darin in der Nacht durch ein verschliessbares Türchen sicher vor Fressfeinden geschützt werden. Schildkröten graben sich während Ruhephasen gerne im lockeren Substrat ein. Deshalb ist ein leicht feuchtes Rindenhäcksel-Erdgemisch, mit einer trockenen Strohschicht abgedeckt ein idealer Bodengrund im Frühbeet und teilweise auch im Gewächshaus.

Es gibt verschiedene Ausführungen von Frühbeetkästen. Speziell für Schildkröten eignen sich solche mit Abdeckungen aus UV-beständigem Plexiglas (Bezeichnung Alltop). Weil dieses spezielle und UV-durchlässige Material auch transparent ist, erwärmt sich der Frühbeetkasten stärker und die Tiere lassen sich gut beobachten. Unterbauten mit Türöffnung sind ebenfalls erhältlich. Weitere Informationen über Frühbeetkasten.

Bodengrund

Dem Bodengrund in einem Schildkrötengehege wird leider oft zu wenig Beachtung geschenkt. Die natürlichen, humusreichen Böden in der Schweiz sind mit denen in den Vorkommensgebieten der mediterranen Landschildkröten nicht zu vergleichen. Dort findet man vorwiegend kalkhaltige, nährstoffarme Böden. Diese trocknen sehr schnell ab und erwärmen sich auch entsprechend rasch. Natürlicherweise wachsen auf solchen Böden keine Fettwiesenpflanzen, sondern Gräser und Kräuter, wie wir sie auf steinigem, nährstoffarmem Grund, wie zum Beispiel in renaturierten Kiesgruben vorfinden. Genau solche Bodengrundverhältnisse sollten wir unseren Schildkröten bieten. Deshalb werden etwa 10 cm des ursprünglichen Bodengrundes abgetragen und durch kalkhaltigen Kiesboden ersetzt. Der nährstoffarme Jurakalk, zum Beispiel aus dem Lägertal, ist dafür bestens geeignet. Dabei sollte eine möglichst vielseitige Bodenstruktur entstehen. Stellen mit grösseren Kiessteinen wechseln mit sandigen Plätzen ab. Raue Stellen sorgen für einen genügend starken Krallenabrieb. Das Gelände sollte keineswegs eben, sondern möglichst hügelig ausgestaltet sein. Ein südlich oder südwestlich ausgerichteter, gut besonnter Abhang oder ein kleiner Hügel werden von den Weibchen gerne als Eiablageplatz angenommen.

Gehegegestaltung

Die Gehegegestaltung ist für das Wohlbefinden der Schildkröten von grosser Bedeutung. Sonnen- und Schattenplätze bestimmen das Mikroklima, verschiedene Unterschlupfmöglichkeiten dienen als Verstecke und zum Schutz vor Hitze, Kälte und Nässe. Grosse, wärmespeichernde Steine und Wurzeln sind als Gestaltungselemente und als Sichtbarrieren einzubauen. Sie schützen die Weibchen vor der permanenten Verfolgung durch die Männchen. Eine einfach zu reinigende Wasserschale und ein Futterplatz sind ebenfalls Bestandteil der Gehegegestaltung. In der Wahl der Bepflanzung ist man weitgehend frei. Neben Futterpflanzen sind einheimische sowie winterharte mediterrane Wildpflanzen (Wild- und Küchenkräuter, Gräser, kleinere Büsche und Koniferen) sehr geeignet und geben dem Gehege ein natürliches Aussehen. Giftpflanzen wie Eibe oder Oleander haben aber in einem Schildkrötengehege nichts zu suchen.

Integration eines Aufzuchtgeheges

Ein in die Freilandanlage integrierter oder angegliederter zusätzlicher Frühbeetkasten ist für die Aufzucht von Jungtieren ideal. So können die Jungtiere während der gesamten Aktivitätsphase darin gehalten werden. Eine Wärmelampe ist natürlich auch bei einem solchen Aufzuchtgehege sinnvoll und wichtig. An sonnigen Tagen sollten die Abdeckungen mindestens teilweise entfernt und durch ein Gitter oder Netz als Schutz vor Fressfeinden ersetzt werden, damit die Jungtiere möglichst viel natürliches und ungefiltertes Sonnenlicht erhalten. Nachts verhindern die Abdeckungen ein Auskühlen des Geheges. Falls eine Überwinterungsgrube unter dem Frühbeetkasten vorhanden ist, können die Jungtiere im Aufzuchtgehege gut überwintert werden. Weitere Informationen über die Aufzucht von Jungtieren.

Überwinterung in der Freilandanlage

Es gibt zahlreiche Überwinterungsmethoden für mediterrane Landschildkröten, welche sich mehr oder weniger bewährt haben. Die wohl beste und vielfach bewährte Überwinterungsart ist die in einer Überwinterungsgrube unter einem Frühbeetkasten. Der grosse Vorteil besteht darin, dass diese sehr naturnah und sicher ist. Die Tiere können ganzjährig in ihrem Aussengehege gehalten werden und es müssen keine weiteren Überwinterungsplätze eingerichtet werden. Beim Bau einer Anlage für mediterrane Landschildkröten sollte deshalb unbedingt auch eine Überwinterungsgrube eingeplant und gebaut werden. Weitere Informationen zur  Überwinterung von mediterranen Landschildkröten.

Schlussbemerkung

Zweifellos ist das Erstellen einer artgerechten Anlage für mediterrane Landschildkröten mit Arbeit und finanziellen Aufwendungen verbunden. Doch das Resultat entschädigt den Schildkrötenhalter in zweifacher Weise. Einerseits danken es die Schildkröten mit einem langen und gesunden Leben. Anderseits stellt ein naturnah und mediterran gestaltetes Gehege eine Perle für jeden Garten dar und lädt zu jeder Jahreszeit zum Verweilen und Beobachten ein.

Verfasser: Stefan Kundert, © Schildkröten-Interessengemeinschaft Schweiz (SIGS) 2023