Die Griechische Landschildkröte 

Testudo hermanni, GMELIN 1789 

  • Klasse: Reptilien (Reptilia)
  • Ordnung: Schildkröten (Testudinata)
  • Unterordnung: Halsberger-Schildkröten (Cryptodira)
  • Familie: Landschildkröten (Testudinidae)
  • Gattung: Europäische Landschildkröten (Testudo)
  • Art: Griechische Landschildkröte (Testudo hermanni)
  • Unterarten:  Östliche Unterart (Testudo hermanni boettgeri), westliche Unterart (Testudo hermanni hermanni)

Die Griechische Landschildkröte gehört zu den mediterranen Landschildkrötenarten (Gattung Testudo). Sie stellt die am meisten gehaltene Landschildkröte dar. Wenn die Haltungsansprüche beachtet werden, ist die östliche Unterart (Testudo hermanni boettgeri) für Einsteiger die geeignetste Schildkröte zur Haltung in Menschenobhut.

Vorkommen der östlichen
Unterart

  • Kroatien
  • Mazedonien
  • Rumänien
  • Bulgarien
  • Albanien
  • Griechenland
  • Türkei
  • Bosnien-Herzegowina
  • Montenegro
  • Kosovo

Vorkommen der westlichen Unterart 

  • Ostspanien
  • Südfrankreich
  • Balearen
  • Korsika
  • Sardinien
  • Mittelitalien

Lebensweise 

Die Griechische Landschildkröte kommt wie alle mediterranen Landschildkröten im warmgemässigtem, mediterranen Klima vor. Sie lebt in den verschiedensten stark besonnten Habitaten, von mit Büschen durchsetzten Magerwiesen bis zu naturbelassenen und bewachsenen Stranddünen. Griechische Landschildkröten sind wärmebedürftige Schildkröten und werden erst ab Temperaturen über 20° Celsius aktiv. Sie halten in freier Natur während der kalten Jahreszeit eine Winterstarre.

Unterscheidungsmerkmale der Griechischen Landschildkröte im Vergleich zu den anderen mediterranen Landschildkrötenarten 

 

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Unterscheidungsmerkmale der Unterarten der Griechischen Landschildkröte

 

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Unterscheidungsmerkmale der Geschlechter

 

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Gehege 

Ziel einer Freilandanlage für Griechische Landschildkröten muss es sein, ihren natürlichen Lebensraum in den Mittelmeergebieten als möglichst naturnahe Landschaft nachzubilden. Die Nachbildung der Natur allein genügt in unseren Breitengraden jedoch nicht, denn unser mitteleuropäisches Klima ist für die wärmebedürftigen Landschildkröten meistens zu kalt, zu niederschlagsreich und weist eine zu geringe Sonnenscheindauer auf. Wir müssen deshalb auf technische Hilfsmittel zurückgreifen, um trockene Bereiche mit erhöhten Temperaturen zu schaffen. Ein Frühbeetkasten mit Wärmelampe ist die einfachste Möglichkeit, dies zu erreichen. Der Treibhauseffekt erhöht bei geringer Sonnenbestrahlung sofort die Temperaturen im Frühbeetkasten, die Wärmelampe überbrückt Schlechtwetterperioden.

Eine Innen- bzw. Terrarienhaltung ist für die artgerechte Haltung von Griechischen Landschildkröten nicht geeignet. Saisonale Temperaturschwankungen, ab- oder zunehmende Sonnenscheindauer sowie die nächtliche Abkühlung ist für diese Schildkrötenart wichtige klimatische Bedingungen, die nur durch eine konsequente Aussenhaltung ermöglicht werden können. Ausserdem vermag eine Innenhaltung dem grossen Bewegungsdrang dieser Landschildkröten kaum gerecht zu werden. Balkone eignen sich zur Schildkrötenhaltung nur, wenn diese windgeschützt und gut besonnt sind und für die Realisierung eines grösseren Geheges genügend Platz bieten.

Griechische Landschildkröten müssen zur artgerechten Haltung während ihrer Aktivitätsphase dauernd, das bedeutet Tag und Nacht, draussen gehalten werden.

Weitere Informationen zum Gehegebau.

Fütterung 

Mediterrane Landschildkröten sind Pflanzenfresser. Ihr vegetationsreicher Lebensraum bietet eine Fülle von Wiesenkräutern, Blütenpflanzen, Blättern, sogar Samen und Wurzeln, welche die mediterranen Landschildkröten als Nahrungsquelle nutzen. Im Jahresverlauf wechselt das Angebot von üppigem Grün zu kargen, dürren Gräsern und Blättern. Im Frühjahr herrschen frische Jungpflanzen mit Blütenständen vor, während in den Sommermonaten durch die Sonne vertrocknetes, rohfaserreiches Wiesenheu als nährstoffarmes Futterangebot überwiegt. Im Herbst hingegen lassen die ersten ausgiebigen Regenschauer die im Boden zahlreich vorhandenen Samen erneut zu frischem Grün heranwachsen. Die Natur soll unser Vorbild sein und deshalb muss auch die Fütterung in Menschenobhut der Ernährung in freier Natur entsprechen. Die Ernährung ist wohl einer der wichtigsten Punkte, die bei der Haltung von Landschildkröten zu berücksichtigen sind, um ihnen auch in Menschenobhut ein langes, gesundes Leben zu gewährleisten. Bei der Fütterung der Schildkröten ist einerseits auf die Zusammensetzung der Futterarten sowie andererseits auf die Futtermenge Acht zu geben.

Weitere Informationen zur Fütterung.

Vermehrung und Aufzucht 

Die Aufzucht von Griechischen Landschildkröten sollte sich an der Natur orientieren. Schildkrötenaufzuchten, die in Gestalt und Farbe den Tieren in freier Natur entsprechen, sind das Ergebnis einer artgerechten und nachhaltigen Schildkrötenhaltung. Die Lebensbedingungen von Jungtieren der Griechischen Landschildkröte in freier Natur weichen nicht grundsätzlich von jenen der geschlechtsreifen Schildkröten ab. Ab erstem Lebenstag ernähren sich die Jungtiere gleich wie ihre Elterntiere und auch sie halten während der kalten Jahreszeit bereits im ersten Jahr eine Winterstarre. Einen wichtigen Unterschied gibt es allerdings: Jungtiere haben einen höheren Feuchtigkeitsbedarf. Ausserdem müssen Jungtiere aufgrund ihrer geringen Grösse vor Fressfeinden geschützt werden.

Mit dem Versuch, Schildkröteneier erfolgreich auszubrüten, übernimmt der Schildkrötenhalter die Verantwortung, alles zu tun, um die Schlüpflinge artgerecht zu halten und zu gesunden, geschlechtsreifen Schildkröten heranwachsen zu lassen. Verantwortungsbewusste Schildkrötenhalter erzielen deshalb nur so viele Nachzuchten wie sie selber halten oder an andere Halter abgeben können. Zu viele "überzählige" Schildkröten finden immer noch den Weg in die Auffangstationen der SIGS oder werden einfach ausgesetzt. Es ist wünschenswert, dass sich die Schildkrötenhalter selber eine Beschränkung auferlegen und, wenn überhaupt, nur in geringer Zahl Eier ausbrüten.

Weitere Informationen zur Vermehrung und Aufzucht.

Überwinterung 

Kalte Temperaturen und fehlendes Futterangebot zwingen die wechselwarmen Wirbeltiere, die kalte Jahreszeit in der sogenannten Winterstarre zu überdauern. In diesem Zustand verharren sie regungslos, die Körpertemperatur gleicht der tiefen Temperatur der Umgebung. Herzschlag, Atmung und Stoffwechsel sind stark reduziert. In freier Wildbahn halten die Griechischen Landschildkröten bedingt durch die tiefen Wintertemperaturen in ihrem Lebensraum eine Winterstarre. Dies gehört zum natürlichen Jahreszyklus dieser Schildkröten.

In Winterstarre fallen sowohl geschlechtsreife Tiere als auch Schlüpflinge bereits im ersten Winter nach dem Schlupf. Deshalb sollen die Griechischen Landschildkröten jeden Alters auch in Menschenobhut eine kontrollierte Winterstarre halten können. Griechischen Landschildkröten die Winterstarre zu verwehren ist Tierquälerei. Es gibt nur einen einzigen Grund die Überwinterung künstlich zu verhindern, nämlich dann, wenn eine Schildkröte vor der Überwinterungsphase erkrankt oder verletzt ist.

Weitere Informationen zur Überwinterung.

Geografische Variation: Die dalmatinische Landschildkröte 

Als Dalmatinische Landschildkröte wird eine kleinwüchsige Population der Griechischen Landschildkröte bezeichnet. Der Name ist abgeleitet von einem Teil des Verbreitungsgebietes, der Herzegowina, ihr deutscher Name bezieht sich auf das ehemalige Dalmatien. Die als Unterart Testudo hermanni hercegovinensis beschrieben, konnte sich nicht durchsetzen und hielt genetischen Untersuchungen. Vielmehr muss die Dalmatinische Landschildkröte als Lokalform der Griechischen Landschildkröte betrachtet werden. Es existieren keine eindeutigen Unterscheidungsmerkmale.

 Artenschutzstatus: CITES (Anhang 2)

Die Griechische Landschildkröte ist in ihren Ursprungsländern wie alle mediterranen Landschildkröten vom Aussterben bedroht. Intensivierte Landwirtschaft, Brandrodung, steigener Tourismus sowie Austrocknung der Gebiete dezimieren die Habitate der europäischen Landschildkröten empfindlich.

Verfasser: Stefan Kundert, © Schildkröten-Interessengemeinschaft Schweiz (SIGS) 2023